Kratzender Hals, Gliederschmerzen, das Fieberthermometer klettert auf über 39°C – und was nun?
Was darf eine Schwangere bei banalen Infekten an Arzneien anwenden?
Welche Medikamente können bei akuten Erkrankungen von der werdenden Mutter eingenommen werden?
Hier herrscht große Unsicherheit nicht nur bei Betroffenen. Viele Ärzte, aber auch Apotheker und Hebammen kommen bei diesem Thema rasch an ihre Grenzen. Der Contergan-Skandal wirft immer noch seine Schatten voraus. Doch das ist nicht die alleinige Ursache. Ein Blick in den Beipackzettel hilft nicht viel. Fachinformationen und Rote Liste bieten nicht ansatzweise die Informationen, die man für eine sichere und kompetente Therapieentscheidung benötigt. Folge ist leider immer wieder ein Nicht-Therapieren von Seiten der Ärzte, schlechte Compliance bei den Schwangeren und möglicherweise eine Überreaktion bei Einnahme eines Arzneistoffs mit vermeintlich teratogener Wirkung.
Ziel ist bei jeder Erkrankung eine möglichst umgehende Genesung der Schwangeren ohne Beeinträchtigung der Entwicklung ihres ungeborenen Kindes. Dafür stehen laut Prof. C. Schaefer vom Embryotox für die meisten akuten und chronischen Erkrankungen in der Schwangerschaft adäquate und hinreichend erprobte Medikamente zur Verfügung. Auch die Naturheilkunde bietet ein breites Repertoire an Produkten und Anwendungen, die schwangerschaftsverträglich sind.
Sichere Arzneien bei banalen Infekten
Halsschmerzen, Heiserkeit, Stimmverlust, Schluckbeschwerden
sind häufig die ersten Symptome eines beginnenden viralen Infektes. Halswickel mit zwei vorgewärmten (bio) Zitronenscheiben oder wenn Kälte angenehmer empfunden wird, mit zimmerwarmem Quark, sind neben einem ansteigenden Fußbad die ersten To-Do`s – nicht nur in der Schwangerschaft. Anschließendes Auftragen von Engelwurzbalsam IS® in die gut durchblutete noch feuchte Haut, unterstützt die Wirkung und regt das Immunsystem zusätzlich an. Die Anwendung von Gurgellösungen mit Hexetidin (Hexoral®), Dequaliniumchlorid oder Cetylpyridiniumchlorid ist bei bestimmungsmäßigem Gebrauch ebenso möglich wie das Gurgeln mit Salbeitee. Lutschpastillen mit dem Wirkstoff Ambroxol (Mucosolvan®)können bei stärkeren Halsschmerzen den Schmerz lindern. Milder wirken bei Heiserkeit Isla Moos Pastillen oder Gelorevoice®. Apis Belladonna® Globuli Wala oder Infludoron® Globuli Weleda stellen die anthroposophische Alternative bei Halsschmerzen dar.
Schnupfen, Sinusitis
Gesellt sich Schnupfen dazu, lindert zweimal tägliches Inhalieren mit Kochsalz oder mit ätherischen Ölen wie Cajeput oder Eucalyptus radiata rasch die Beschwerden. Insgesamt zwei Tropfen, die man ins gut heiße Wasser gibt und verrührt, sind bereits ausreichend. Einen Emulgator, damit sich die ÖL- und Wasserschicht verbinden wie z.B. Honig oder Milch, benötigt man beim Inhalieren nicht, denn das ätherische Öl soll mit den Wassertröpfchen in die Luft „transportiert“ werden und in der Nase bzw. im Rachen ankommen. Ein Emulgator würde hier die Öltröpfchen im Wasser halten. Wenn ihr Lust habt auf mehr Wissen zum „Einsatz von ätherischen Ölen in der Schwangerschaft, Still- und Säuglingszeit“, dann schaut doch in unser Seminarprogramm. Unterstützend wirken die anthroposophischen Agropyron® Globuli velati Wala
Bei starkem Anschwellen der Nasenschleimhaut und Beeinträchtigung der Nasenatmung, kann die Schwangere auch drei bis viermal täglich ein abschwellendes Nasenspray mit Xylometazolin (Otriven® ) oder Oxymetazolin (Nasivin®) anwenden. Am besten eignet sich hier ein Kindernasenspray. Als „Add-on“ kann Engelwurzbalsam IS® oder der Nasenbalsam Wala entweder auf den Nasenrücken oder leicht in den vorderen Nasenbereich aufgetragen werden. Entwickelt sich aus dem Schnupfen eine Sinusitis, ist besonders auf eine freie Nase zu achten, damit kein Sekretstau entsteht. Unterstützend kann Berberis/Quarz® Globuli velati Wala oder Sinupret® eingesetzt werden. Nach Angaben des Herstellers Bionorica besteht aufgrund umfangreicher Datenlage kein Anhaltspunkt auf teratogene Auswirkungen für alle Inhaltsstoffe. Eine sehr effektive Möglichkeit zur Unterstützung einer raschen Heilung bei Sinusitis bieten Auflagen aus heißem Leinsamenbrei. Dazu gebe ich ausführliche Informationen in meinem Seminar „Wickel und Auflagen“. Schaut auch hierzu bei Interesse in unser Seminarprogramm.
Husten, Bronchitis
Beim sogenannten Etagenwechsel verlagert sich der Infekt in die Bronchien. Beginnender Hustenreiz kann durch Brustwickel mit Thymian-Myrte-Balsam, einer Bienenwachs-, Lavendelöl- oder mit einer Quarkauflage gelindert werden. Bei sehr starkem, vor allem bei nächtlichem Hustenreiz kann kurzzeitig (für 3 Tage) Dextromethorphan (Wick Husten-stiller®)eingesetzt werden. Auf ausreichende Luftfeuchtigkeit im Schlafzimmer ist zu achten z.B. durch Aufhängen von feuchten Geschirrtüchern. Zum Schleimlösen eignen sich Ambroxol (Mucosolvan®), Acetylcystein (ACC®, NAC®) oder Bromhexin ebenso wie Thymian– (Tussamag®, Efeu- (Prospan®) oder Spitzwegerich-Präparate (Plantago Hustensaft® Wala) sowie Medikamente mit dem Wirkstoff Cineol (Soledum®, Gelomyrtol®). Wer anthroposophisch hergestellte Arzneien bevorzugt, kann Bronchi Plantago® Globuli velati und den Nasenbalsam – beides von Wala – empfehlen.
Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Ohrenschmerzen
Zurückhaltung bei Schmerzen muss nicht sein. Gerade bei Fieber und Gliederschmerzen gilt Paracetamol in der gesamten Schwangerschaft als Mittel der Wahl. Ibuprofen, das auch entzündungshemmend wirkt, sollte nur in den ersten beiden Trimena eingesetzt werden. Häufig lindern bereits ein Fußbad mit Lavendöl oder eine Massage der Schläfen und des Nackens mit verdünntem Pfefferminzöl (Kopfwohl® Rollon Primavera) bestehende Kopfschmerzen. Nach zusätzlicher Einnahme von hochdosiertem Magnesiumcitrat (300-400mg) und/oder der „Heißen Sieben“* als Schüssler Salz Nr. 7, kann die Dosis der Schmerztabletten häufig reduziert werden. Aconitum/China comp.® Globuli stellen die anthroposophische Möglichkeit dar, Schmerzen und Fieber zu lindern. Doch Achtung, gerade höhere Temperaturen können Wehen auslösend wirken. In diesem Fall sollte die Schwangere doch auf Paracetamol zurückgreifen. Natürlich können auch Fieberwickel zusätzlich angewendet werden. Dazu könnt ihr auch ausführliche Anleitung im Seminar „Wickel und Auflagen“ erhalten.
Treten Ohrenschmerzen auf, sollte ein Ohrwickel mit Zwiebel oder Johanniskraut-Lavendelöl an erster Stelle zur Anwendung kommen. Aconit® Ohrentropfen Wala lindern Schmerzen und Entzündung besonders im Akutstadium. Entwickelt sich eine Otitis, löst Acetylcystein (ACC®, NAC®) zähen Schleim. Auf freie Nasenatmung ist zu achten, damit der Abfluss des Sekrets gewährleistet ist. Das antiphlogistisch wirkende Ibuprofen eignet sich bei stärkeren Ohrenschmerzen bis zur 28. Schwangerschaftswoche besser als Paracetamol.
Akute unkomplizierte Harnwegsinfektionen sind in der Schwangerschaft keine Seltenheit
Der verlangsamte Harnfluss, bedingt durch die hormonelle Weitstellung und die dadurch abgeschwächte Peristaltik der Ureteren, ist eine der möglichen Ursachen. Zusätzlich führt das basische Scheidenmilieu zur rascheren Vermehrung der Bakterien und leichterem Eindringen in die Blase. Bei beginnenden Beschwerden ist ein ansteigendes Fußbad Mittel der Wahl, kombiniert mit der Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr. Diese muss nicht zwingend über Harntee (z.B. mit Birke, Brennnessel, Golgrute) gedeckt werden, warme Getränke sind dennoch empfehlenswert, um den Wärmeorganismus zu unterstützen. Auch Kupfer Salbe rot ® Wala, aufgetragen rund um die Blasenregion, sorgt für einen optimalen Wärmehaushalt. Wohltuende Wirkung erhält die Schwangere auch durch eine Auflage mit Eucalyptus radiata oder Eucalyptus globulus. Beide Öle sollten nur in einer 1%tigen Verdünnung auf ein Substanztuch (beispielsweise ES-Kompresse) aufgetragen werden. Die Kompresse wird auf der Blasenregion platziert und mit einer vorgewärmten aufgelegten Heilwolle in ihrer Wirkung intensiviert. Beides kann durch den Slip fixiert werden und mehrere Stunden (auch nachts) dort belassen werden. Cantharis Blasen® Globulis Wala oder Solidago® Steiner Tabletten können den Genesungsprozess unterstützen.
Verstärkt sich die Symptomatik, kommt Fieber hinzu, ist ein Arztbesuch und die Einnahme eines schwangerschaftsverträglichen Antibiotikums unumgänglich. Die Compliance der werdenden Mutter zu fördern hat jetzt große Bedeutung. Es besteht die Gefahr, dass sie aus Angst, dem Kind zu schaden, die Therapie nach Besserung der Symptomatik, verfrüht abbricht. Rezidiven sind dann vorprogrammiert. Nach einer Antibiose empfehlt ihr zum Wiederaufbau des Mikrobioms am besten Präparate mit Laktobazillen und Bifidus Bakterien wie z.B. Lacobact Baby® oder Omnibiotic Panda®.
Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Auch in der Schwangerschaft ist man nicht vor Magen-Darm-Infektionen gefeit. Um die kontinuierliche Nährstoffversorgung des Fetus umgehend wieder zu gewährleisten, ist es besonders wichtig, die mütterliche Gesundheit hier rasch wieder herzustellen. Bei sehr starker Übelkeit bringt Dimenhydrinat (Vomex®) Linderung. Die Einnahmedauer sollte einige Tage laut Embrytox nicht überschreiten. Bei Durchfall hilft Apfelpektin (Diarrhoesan®). Falls darüber hinaus eine Hemmung der Motilität notwendig ist, kann nach dem 1. Trimenon Loperamid (Imodium®) kurzzeitig eingesetzt werden. Auch für Albumintannat (Tannalbin®) gibt es keine Hinweise auf spezifische embryotoxische Wirkungen. Mit Heilerde (Luvos® Heilerde, Heilerde ultra fein® Bullrich) und Bolus alba comp. ® Pulver Wala können krankheitsauslösende Stoffwechsel- und Darmgifte, Bakterien, überschüssige Magen- und Gallensäure absorbiert und ausgeschieden werden. Gentiana Magen® Globuli velati fördert die Magen- und Gallensaftsekretion und regt die Motilität des Darms wieder an. Viel Trinken, um das Defizit im Flüssigkeitshaushalt auszugleichen, ist genauso wichtig wie nach kurzer Nahrungskarenz der langsame Kostaufbau mit leicht verdaulichen Nahrungsmitteln.
Kein Arzneimitteleinsatz ohne Wissen des Arztes
Bei jeder Behandlung mit Arzneimitteln in der Schwangerschaft ist es bedeutend, die Risiken für Mutter und Kind abzuwägen. Die Medikamente sollten daher bei banalen Infekten nur so kurz wie notwendig angewendet werden. Damit der betreuende Gynäkologe einen Überblick über die gesamte Medikation während der Schwangerschaft erhält und ein entsprechend wachsames Auge darauf legen kann, sollte er über jede Arzneimitteleinnahme informiert werden – spätestens beim nächsten Arztbesuch.
Im Rahmen des fünften Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland haben die Beratungseinrichtungen Embryotox und Reprotox gemeinsam ein Informationsblatt zur Arzneimitteltherapie für Frauen im gebärfähigen Alter sowie in Schwangerschaft und Stillzeit veröffentlicht, das als PDF zum Download bereit steht und in die Hebammenarbeit integriert werden kann.
*Herstellung und Anwendung der „Heißen Sieben“: 10 Tabletten Schüssler Salz Nr. 7 in kochendheißem Wasser auflösen, schluckweise möglichst heiß trinken (natürlich ohne sich dabei zu verbrühen!). Jeden Schluck ein paar Sekunden im Mund behalten, damit die Magnesiumionen möglichst über die Mundschleimhaut aufgenommen werden können. So wirken sie rascher. Übrigens: Die „Heiße Sieben“ wirkt super entspannend nach einem turbulenten Tag. Vielleicht noch ein Fußbad mit Lavendelöl dazu und der Sandmann kann kommen ☺.
Sollte euer Wissensdurst immer noch nicht zufriedengestellt sein, so könnt ihr euch gerne mehr Details aneignen zum Thema „Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit“. Auch dazu findet ihr Vorträge in unserem Seminarprogramm.
Literaturangaben
Informationen des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie, Charité – Universitätsmedizin, Berlin, www.embryotox.de/erkrankungen/details/, Abgerufen: Juni 2024
Friese, Mörike, Neumann, Paulus, Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, WVG 2021
Kircher, Remplik, Killian, Arzneimittellehre für Hebammen, WVG 2022
Wala Hebammenkompendium, Wala AG, 2019
Stadelmann I., Aromamischungen für Mutter und Kind, Stadelmann Verlag 2020